🧠 Behördensprache verstehen – Ein Übersetzungsleitfaden für Bürger

🧠 Behördensprache verstehen – Ein Übersetzungsleitfaden für Bürger


Wer schon einmal ein Schreiben vom Bauamt, Landratsamt oder einer Landesbehörde erhalten hat, kennt das Gefühl:
Man liest…
und liest…
und fragt sich:
„Was genau will man mir eigentlich sagen?“

Dieses Unbehagen hat Methode – denn Behördensprache ist oft absichtlich unkonkret, passiv und verschachtelt.
Doch du kannst lernen, sie zu durchschauen – und zu beantworten.


🔍 1. Die 10 häufigsten Phrasen – und was sie wirklich bedeuten

BehördenspracheBedeutung in Klartext
„Wir haben Ihr Anliegen zur Kenntnis genommen.“Wir tun erst mal nichts.
„Der Sachverhalt befindet sich in Prüfung.“Wir schauen vielleicht später mal rein.
„Eine abschließende Bewertung ist derzeit nicht möglich.“Wir wollen (noch) nicht entscheiden.
„Eine Herausgabe erscheint derzeit nicht geboten.“Wir möchten das nicht teilen.
„Die Voraussetzungen liegen nach erster Einschätzung nicht vor.“Wir lehnen ab – ohne Klartext.
„Eine Entscheidung ist noch nicht getroffen worden.“Warten Sie weiter – ohne Frist.
„Die Unterlagen sind gegenwärtig nicht verfügbar.“Wir wollen sie nicht rausgeben.
„Ihr Antrag kann in der vorliegenden Form nicht bearbeitet werden.“Stellen Sie’s bitte anders oder gar nicht.
„Es handelt sich um eine interne Angelegenheit.“Geheimhaltung durch Sprache.
„Ihr Anliegen wurde dem zuständigen Referat übermittelt.“Wir verschieben es – vielleicht ins Nirgendwo.

📚 2. Warum Behörden so sprechen – und was du dagegen tun kannst

Warum diese Sprache?

  • Sie schĂĽtzt vor rechtlicher Angreifbarkeit.
  • Sie schafft Distanz und Hierarchie.
  • Sie verlangsamt Verfahren.

Was du tun kannst:

  • Nachhaken. Immer. Frag gezielt: „Was genau bedeutet das? Wer ist zuständig? Was ist die Frist?“
  • Schriftlich antworten, höflich aber klar: „Bitte erläutern Sie mir diesen Punkt verständlich.“
  • Ăśbersetze das Schreiben fĂĽr dich selbst in klare Sprache – oder bitte z. B. eine NGO, Journalistin oder Anwältin um Hilfe.

✍️ 3. So formulierst du souverän zurĂĽck

📌 Aktiv statt passiv sprechen!
Beispiele:

Standardantwort der BehördeDeine Reaktion
„Der Sachverhalt wird geprüft.“„Bitte teilen Sie mir mit, bis wann mit einer Entscheidung zu rechnen ist.“
„Keine Entscheidung möglich.“„Bitte konkretisieren Sie, welche Unterlagen oder Voraussetzungen fehlen.“
„Die Anfrage wurde weitergeleitet.“„An wen genau wurde sie weitergeleitet? Wann erfolgt Rückmeldung?“

📎 Formel fĂĽr klare RĂĽckfragen:

„Ich bitte um eine nachvollziehbare, verständliche und rechtlich überprüfbare Begründung gemäß [z. B. IFG/BayUIG].“

đź’ˇ Immer höflich, aber bestimmt. Behörden achten auf Ton – und auf Präzision.


đź§° 4. Hilfsmittel: So stärkst du deine Position

  • 📑 Vergleiche mit Originalgesetzestexten: IFG, BayUIG, VIG etc. – oft sind sie klarer als die Schreiben.
  • 🧑‍🏫 Sprachdienstleister nutzen: z. B. „FragDenStaat“, BĂĽrgerbeauftragte, Anwaltsplattformen.
  • 🗣️ Öffentlichkeit nutzen, wenn du spĂĽrst: hier läuft Verschleierung – etwa ĂĽber Social Media oder Presseanfragen.

📣 Fazit:

Behördensprache ist keine höhere Mathematik – sie ist ein Instrument zur Selbstabsicherung.
Doch: Wer sie versteht, kann fordernhinterfragen und verändern.

Sag nicht ja, wenn du’s nicht verstehst. Sag: Erklären Sie mir das – jetzt.


đź’ˇ Nächster Artikel:
„Untätigkeitsklage & Druckmittel – Was tun, wenn die Behörde einfach nichts tut?“

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